Was sind Bandscheiben­vorfall und Ischiassyndrom?

Bei einem Bandscheiben­vorfall (Diskusprolaps) ist eine Bandscheibe zwischen den Wirbelkörpern des Rückgrats geschädigt und hat sich in Richtung Wirbelkanal verschoben.. Ein Bandscheiben­vorfall kann überall an der Wirbelsäule auftreten. Am häufigsten ist jedoch der untere Rücken, d. h. die Lendenwirbel­säule davon betroffen. Reizt oder drückt die Bandscheibe auf die Nervenwurzeln, empfinden viele Betroffene Schmerzen im Rücken, die auch das Bein miteinbeziehen können. Am bekanntesten ist der Ischiasschmerz. Dabei handelt es sich um eine bestimmte Form von Nervenwurzelschmerzen, die dadurch ausgelöst werden, dass die Bandscheibe auf den Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) drückt. Dies führt zu Schmerzen im Rücken, die auf der Rückseite des Beins bis in den Fuß ausstrahlen können. Der Schmerz folgt dabei dem Verlauf des Ischiasnervs (Ischialgie oder Ischiassyndrom).

Symptome

Der Schmerz bei einem Bandscheiben­vorfall tritt oft sehr plötzlich auf, etwa beim Heben eines schweren Gegenstandes. Die Schmerzen können auch Stunden oder Tage nach einem solchen Ereignis und manchmal in einer Phase langen Sitzens auftreten. Meist kann die schmerzauslösende Ursache nicht sicher festgestellt werden.

Die Symptome können sowohl in Umfang als auch Stärke deutlich von Person zu Person variieren, selbst wenn der Bandscheiben­vorfall selbst gleich stark ausgeprägt ist. Der einseitige Beinschmerz ist stärker als der Rückenschmerz. Der Schmerz strahlt bis in Fuß oder Zehen aus. Wird der Nerv stärker komprimiert bzw. geschädigt, können zu den Schmerzen weitere Symptome kommen:

  • Störungen der Berührungswahrnehmung/Taubheit im Bereich der Rückseite des Beins und der Außenseite des Fußes,
  • Missempfindungen (Kribbeln) in diesem Bereich,
  • Schwäche der Muskulatur in den Füßen (Gang auf den Zehenspitzen oder Ferse wird erschwert).

Eine ernste Situation liegt vor, wenn der Patient über Schmerzen sowie ein taubes Gefühl an der Innenseite der Oberschenkel sowie am Gesäß gepaart mit Störungen beim Wasserlassen und Stuhlgang bemerkt (Kaudassyndrom). Dies sind Zeichen für eine stärkere Schädigung von Nerven und macht eine sofortige Klinikeinweisung und eine Operation notwendig.

Ursache

Das Rückgrat besteht aus Wirbelkörpern, zwischen denen sich die Bandscheiben befinden. Die Bandscheiben dienen als Stoßdämpfer. Sie ermöglichen es den einzelnen Wirbelkörpern, sich im Verhältnis zueinander zu bewegen, z. B. wenn der Rücken gebeugt wird. Jede Bandscheibe besteht aus einem festen äußeren Ring mit einem weichen, gallertartigen Kern in der Mitte. Die harte Außenhülle ist im hinteren Bereich oft etwas schwächer und kann infolge altersbedingter Abnutzung oder bei akuter Belastung reißen. Teile des weichen Kerns können dann entweichen und eine Art Ausbuchtung auf der Außenseite der Bandscheibe hervorrufen. Diese Ausbuchtung wird als Bandscheiben­vorfall bezeichnet. Drückt der Bandscheiben­vorfall auf einen der Nerven, der in den Kanälen zwischen den Wirbelkörpern direkt in der Nähe der Bandscheiben verlaufen, kann dies zu Schmerzen und möglichen Nervenschädigungen führen. Bei den meisten Menschen sind Bandscheibenvorfälle die Folge von Verschleißerscheinungen. Mit den Jahren nimmt die Elastizität der Bandscheiben ab: Sie verlieren Flüssigkeit, werden spröde und rissig. Solche Veränderungen sind Teil des normalen Alterungsprozesses, der bereits in der Jugend beginnt. Allerdings altern die Bandscheiben nicht bei allen Menschen gleich schnell. Verschiedene Faktoren erhöhen das Risiko für einen Bandscheiben­vorfall:

  • Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Verschleiß)
  • Rauchen
  • Sport mit hoher Gewichtsbelastung
  • Berufe mit einseitiger körperlicher Belastung oder Arbeit als Busfahrer/ Kraftfahrer

Diagnose

Zur Abklärung von akuten Rücken­schmerzen reichen eine Befragung und eine körperliche (neurologische) Untersuchung durch die Hausärztin/ den Hausarzt normalerweise aus. Die Ärzte können anhand der genauen Lokalisation von Taubheitsgefühl, Muskelschwäche und Schmerzen sowie spezieller Untersuchungen oft bereits feststellen, welcher Nerv betroffen ist. Weitere Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren wie einer Kernspintomografie oder Computertomografie sind nur in seltenen Fällen nötig, nämlich wenn

  • an einem oder beiden Beinen Lähmungserscheinungen auftreten,
  • die Blasen- oder Darmfunktion gestört ist,
  • starke Beschwerden trotz Behandlung über Wochen anhalten oder
  • der Verdacht besteht, dass eine andere Erkrankung die Schmerzen verursacht, etwa ein Tumor oder
  • bei bereits operierten Patienten.

Die Ärztin oder der Arzt hat also wahrscheinlich gute Gründe, bei Untersuchungen zunächst zurückhaltend zu sein: Bildgebende Untersuchungen können eine vermeintliche Ursache für die Rücken­schmerzen zeigen, die tatsächlich nichts mit den Beschwerden zu tun hat. Eine solche Fehldiagnose kann wiederum eine überflüssige Behandlung nach sich ziehen, die vielleicht sogar schadet.

Behandlung

Die meisten Menschen mit einem Bandscheiben­vorfall werden „konservativ" behandelt, das heißt ohne Operation. Dazu gehören vor allem Bewegung, Entspannung und Entlastung, schmerzstillende oder lokal betäubende Medikamente sowie manuelle und physikalische Therapien.

Operation

Verringern sich die Schmerzen innerhalb einiger Wochen/Monate nicht, kann je nach Ausmaß der Beschwerden ein chirurgischer Eingriff notwendig sein, um den betroffenen Nerv zu entlasten. Rasch zunehmende Lähmungserscheinungen und länger anhaltende starke Schmerzen, die eine Schmerzmittelbehandlung mit Narkotika (Opiaten) erfordern, bedürfen jedoch ebenso wie das Kaudasyndrom (s. o.) einer schnellen Operation. Training und Beratung unter physiotherapeutischer Aufsicht nach der Operation haben sich als sehr sinnvoll erwiesen. Sowohl Muskeln als auch Kondition müssen trainiert werden.

Verlauf

Schmerzen und Bewegungseinschränkungen infolge eines Bandscheiben­vorfalls lassen bei den meisten Betroffenen ohne Operation nach einiger Zeit wieder nach. Es kommt häufig zu Spontanheilungen.

Wenn die Beschwerden trotz Therapie längere Zeit anhalten, wird es zunehmend unwahrscheinlich, dass sie von allein oder durch eine nichtoperative Behandlung wieder verschwinden. Oft erleiden die Betroffenen auch nach einer Besserung der Schmerzen nach einiger Zeit erneute Beschwerden.

Die meisten Menschen mit Ischiasbeschwerden litten bereits zu einem früheren Zeitpunkt unter Rücken­schmerzen. Viele haben auch nach der Ischias-Episode weiterhin Beschwerden. Die meisten von den Betroffenen, die bei ihrer Erkrankung gearbeitet haben, können ihre Arbeit wieder aufnehmen. Menschen mit körperlich besonders anstrengender Arbeit und anhaltenden Schmerzepisoden profitieren möglicherweise von einer Umschulung auf physisch weniger beanspruchende Tätigkeiten.

Prognose

Die meisten Menschen fühlen sich bereits nach wenigen Wochen wieder besser. Nach einigen Monaten sind die meisten beschwerdefrei. Selbst wenn die Symptome abgeklungen sind, kann der eigentliche Bandscheiben­vorfall jedoch bestehen bleiben. Bei einer möglichen Operation des Bandscheiben­vorfalls wird dieser beseitigt und die Reste des Inhalts der Bandscheibe (Diskus) werden entfernt. In den meisten Fällen verschwinden die Schmerzen gleich im Anschluss an die Operation. Die Bandscheibe wird dabei jedoch dünner und ist weniger elastisch. Zudem wird die Beweglichkeit in diesem Rückenbereich eingeschränkt. Eine Operation garantiert aber keine Beschwerdefreiheit – die Beschwerden können auch nach einer OP anhalten oder sich sogar wieder verstärken. Nach einer Operation gelten die gleichen Richtlinien für die Arbeit und Belastung wie sonst. Auch hier ist es wichtig, aktiv zu bleiben. Um einem neuerlichen Bandscheiben­vorfall vorzubeugen, ist eine gezielte allgemeine Stärkung der Muskulatur essenziell. Hier kann man sich von Fachärzten und/oder Physiotherapeuten beraten lassen.